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Top-Manager unterschätzen Marktrisiko: Die 29,7%-Wahrheit

Top-Manager unterschätzen Marktrisiko: Die 29,7%-Wahrheit

Die trügerische Sicherheit der Experten

Wir vertrauen auf die Expertise der Finanzelite. Doch eine wegweisende Studie zeigt nun, dass ihr größter Fehler nicht in der Renditeprognose liegt, sondern in einem weitaus gefährlicheren blinden Fleck. Die Studie „The Persistence of Miscalibration“, die demnächst im renommierten „Review of Financial Studies“ erscheint, analysiert die Prognosefähigkeit von Unternehmens-Finanzvorständen (CFOs) und anderen Top-Führungskräften. Basierend auf 86 quartalsweisen Umfragen im Zeitraum von 2001 bis Anfang 2023 werteten Forscher über 28.400 Prognosen von mehr als 6.700 Managern zur Entwicklung des S&P 500 aus. Die Ergebnisse sind ernüchternd und enthalten entscheidende Lektionen für jeden Finanzprofi.

Takeaway 1: Die Durchschnittsrendite passt – doch das ist nur die halbe Miete

Auf den ersten Blick scheinen die Experten ins Schwarze zu treffen: Ihre durchschnittliche jährliche Renditeerwartung von 5,2 % lag bemerkenswert nah an der tatsächlich realisierten Durchschnittsrendite des S&P 500 in diesem Zeitraum von 6,4 % p.a.

Das bedeutet, dass die Experten die durchschnittliche Aktienmarktentwicklung im Mittel nicht systematisch zu optimistisch oder zu pessimistisch eingeschätzt haben. Dieser erste Befund könnte jedoch in die Irre führen. Er bedeutet keineswegs, dass die Führungskräfte in der Lage waren, die Performance des Marktes von Jahr zu Jahr korrekt vorherzusagen, und verschleiert das eigentliche, weitaus größere Problem.

Takeaway 2: Die wahre Gefahr – eine dramatische Unterschätzung des Risikos

Das zentrale Ergebnis der Studie ist die massive Unterschätzung der Schwankungsbreite (Volatilität) des Aktienmarktes. Die Teilnehmer wurden gebeten, ein 80%-Konfidenzintervall für die Jahresrendite anzugeben. Das heißt, bei einer korrekten Einschätzung des Risikos sollte die tatsächliche Marktrendite in 80 % der Fälle innerhalb ihrer prognostizierten Spanne liegen.

Die Realität sah jedoch völlig anders aus. Die tatsächliche Trefferquote über den gesamten Zeitraum betrug nicht 80 %, sondern lediglich schockierende 29,7 %. Anders ausgedrückt: In über 70 % der Fälle lag die tatsächliche Marktentwicklung außerhalb des Bereichs, den diese Top-Manager für höchstwahrscheinlich hielten.

"Die Studie zeigt: Statt der erwarteten 80% lagen die Finanzprofis mit ihrer Einschätzung der Schwankungsbreite nur in 29,7% der Fälle richtig. Dies werten die Forscher als eine Form der Selbstüberschätzung ('Overconfidence')."

Diese enorme Diskrepanz entstand, weil die Führungskräfte die prognostizierten Renditespannen durchweg viel zu eng wählten. Dies offenbart ein tief verankertes Zuviel an Vertrauen in die eigene Prognosefähigkeit und hat gefährliche Konsequenzen: Wer das Risiko derart unterschätzt, ist auf echte Marktturbulenzen oder Ausreißerereignisse unzureichend vorbereitet.

Takeaway 3: Kein Lerneffekt in über 20 Jahren – ein fest verankertes Verhaltensmuster

Besonders erstaunlich ist die Erkenntnis, dass sich diese Fehleinschätzung über den gesamten, mehr als 20-jährigen Studienzeitraum nicht verringert hat. Dies spricht klar gegen nennenswerte Lern- oder Erfahrungseffekte. Laut den Forschern ist die Unterschätzung der Volatilität keine Wissenslücke, sondern offenbar zu wesentlichen Teilen eine Persönlichkeitseigenschaft.

Die Trefferquote war besonders niedrig während außergewöhnlicher Marktphasen wie der Finanzkrise 2008/2009 oder der COVID-19-Pandemie 2020. Dies beweist eindrücklich, dass selbst Finanzexperten diese einschneidenden Entwicklungen nicht vorhergesehen haben.

Schlussfolgerung: Was bedeutet das für Ihre Beratungspraxis?

Die Kernaussage der Studie ist unmissverständlich: Selbst erfahrene Finanzführungskräfte unterliegen einer hartnäckigen kognitiven Verzerrung – der Selbstüberschätzung –, die sie das Marktrisiko drastisch unterschätzen lässt.

Dies wirft eine entscheidende Frage auf: Wenn selbst die Finanzelite die Volatilität so stark unterschätzt, wie können wir dann unsere Kunden – und uns selbst – vor denselben Fehlern schützen und eine realistische Risikokommunikation sicherstellen? Die Forscher geben einen klaren Hinweis: Da dieser Bias ein tief verankertes Verhaltensmuster ist, reicht Bewusstsein allein nicht aus. Unternehmen sollten auf geeignete Entscheidungshilfetools setzen, um diesen Verzerrungen systematisch entgegenzutreten und robustere Finanzstrategien zu entwickeln.

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