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Nebelkerzen statt Klartext: Wie Pools mit Phrasen die Trennung von Vermittlung und Beratung verwischen

Nebelkerzen statt Klartext: Wie Pools mit Phrasen die Trennung von Vermittlung und Beratung verwischen

Warum dieser Beitrag?

Seit der Klarstellung durch zahlreiche IHKs, renommierte juristische Kommentare und unabhängige Gutachten ist unmissverständlich: Honorar-Finanzanlagenberater mit einer Erlaubnis nach § 34h GewO dürfen keine dauerhafte Verbindung zu Vermittlungsplattformen oder Maklerpools mit § 34f-Erlaubnis unterhalten.

Podcast-Beitrag zu den Stellungnahmen
7:15

 

Dennoch versuchen viele Marktteilnehmer, diese klare gesetzliche Grenze aufzuweichen. Statt Transparenz dominieren juristisch fragwürdige Relativierungen, interessengeleitete Umdeutungen und strategisch platzierte Nebelkerzen. Dieser Beitrag zeigt anhand konkreter Stellungnahmen, wie versucht wird, das Prinzip echter Unabhängigkeit auszuhöhlen – und wie es rechtlich wirklich aussieht.


1. AfW (Norman Wirth)

„Eine Zusammenarbeit sei möglich, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: Vergütung ausschließlich durch Kundinnen und Kunden, Offenlegung von Produktkosten, keine Vergütung im Zusammenhang mit konkreten Produktempfehlungen, Produktauswahl ohne Weisung.“

Juristische Einordnung:
Die Aussage ignoriert den eigentlichen Kern des § 34h: Gefordert wird nicht nur Transparenz in der Vergütung, sondern eine vollständige strukturelle und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Offenlegung ersetzt keine Rechtstreue. Die Anbindung an eine Vermittlungsstruktur nach § 34f ist damit unzulässig, unabhängig davon, ob Provisionen fließen oder nicht.

Bewertung:
Ein klassisches Beispiel für juristisch schwache Interessenkommunikation. Substanz: gering. Lenkungsabsicht: offensichtlich.


2. Fondsnet (Christoph Küppers, Syndikusanwalt)

„Wir halten eine pauschale Ablehnung nicht für geboten. Der Pool agiere lediglich als neutraler Dienstleister.“

Juristische Einordnung:
Ein Anbieter mit 34f-Erlaubnis ist per Definition kein neutraler Dienstleister. Die Infrastruktur, Prozesse und wirtschaftlichen Interessen widersprechen dem Prinzip einer unabhängigen Honorarberatung. Die IHK München hat das unmissverständlich bekräftigt.

Bewertung:
Technokratisch verpackte Verharmlosung eines klaren Rechtsverstoßes. Realitätsverweigerung im Gewand der Dienstleistungsrhetorik.


3. Fondskonzept

„Wir behalten keine Marge, kehren 100 % der Provisionen aus und erheben nur ein Nutzungsentgelt.“
„Falls erforderlich, gründen wir eine 34h-Tochtergesellschaft.“

Juristische Einordnung:
Die Auskehrung von Provisionen mag ein ehrenwerter Versuch sein, rechtliche Anforderungen zu umgehen – sie ändert aber nichts an der rechtlichen Struktur. Auch eine Tochtergesellschaft im selben Haus mit getrennter Klingel bleibt Teil desselben Systems.

Bewertung:
Ein stilles Eingeständnis, dass man das eigene Modell mittelfristig nicht aufrechterhalten kann. Kein Zeichen von Stärke, sondern von Schadensbegrenzung.


4. JDC (Sebastian Grabmaier)

„Pools dürfen auch Nettoangebote bereitstellen. Wichtig ist, dass keine Provisionen fließen.“

Juristische Einordnung:
Nettoangebote in Vermittlungsplattformen bleiben Teil eines Vertriebssystems. § 34h verlangt aber nicht nur eine Trennung der Vergütung, sondern der gesamten Struktur. Eine scheinbare Produktneutralität ändert daran nichts.

Bewertung:
Rhetorik statt Recht. Die Unabhängigkeit wird auf Zahlungswege reduziert und strukturelle Fragen systematisch ausgeklammert.


5. Fonds Finanz (Norbert Porazik)

„Eine Zusammenarbeit ist nicht ausgeschlossen. Es kommt auf die Ausgestaltung an.“

Juristische Einordnung:
Die Formulierung suggeriert jurische Grauzonen, wo es keine gibt. § 34h und die einschlägige Kommentarliteratur stellen klar: Es geht nicht um Ausgestaltung, sondern um Unvereinbarkeit.

Bewertung:
Plattitüdenhafte Worthülse ohne Substanz. Das Ziel: Unsicherheit stiften, um das eigene Modell am Leben zu halten.


6. Netfonds (Martin Steinmeyer, Vorstandsvorsitzender)

„Ein Kooperationsverbot zwischen § 34f-Pool und § 34h-Berater sehen wir nicht. Entscheidend sei die Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Pools erbrächten auch administrative Leistungen, die die Unabhängigkeit nicht beeinträchtigen.“ (Anm. VDH: Laut Netfonds-Webseite (www.selbstchef.de) arbeiten Honorarberater sogar mit dem gleichen „bewährten System“ wie § 34f-Finanzanlagenvermittler).

Juristische Einordnung: Ein Vermittlerpool mit § 34f-Erlaubnis bleibt eine Vertriebsplattform – auch wenn er zusätzliche Services bietet. Die vermeintlich neutrale Dienstleistung kann die strukturelle Verbindung nicht entkräften. Genau diese ist laut Gesetz und IHK-Stellungnahmen unzulässig.

Bewertung: Ein Versuch, das strukturelle Problem durch funktionale Argumente zu entkräften. Klingt pragmatisch, scheitert aber an der Rechtslage.


7. Gegenposition: BDO-Gutachten

„Eine dauerhafte wirtschaftliche Verbindung zwischen einem § 34h-Berater und einer § 34f-Plattform ist unzulässig.“
„Die Unabhängigkeit muss auch strukturell gewahrt bleiben.“

Juristische Einordnung:
Das BDO-Gutachten bringt auf den Punkt, was Gesetzgeber und Aufsicht erwarten: Echte Unabhängigkeit ist nicht verhandelbar. Wer als Honorarberater auftritt, muss sich von Vermittlungsstrukturen vollständig lösen. Alles andere ist ein Etikett ohne Inhalt.

Bewertung:
Faktenbasiert, nachvollziehbar, rechtlich unangreifbar. Wer Sicherheit will, folgt dieser Linie.


Fazit: Es reicht nicht, sich anders zu nennen – man muss anders arbeiten

Die Statements der Pools und Branchenvertreter wirken wie ein letztes Aufbäumen gegen eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten ist: Honorarberatung verlangt klare Strukturen, nicht juristische Kosmetik. Wer als Honorarberater arbeitet, muss sich von Vertriebsplattformen lösen. Punkt.

Der VDH empfiehlt: Berater sollten sich und ihr Umfeld kritisch hinterfragen. Die eigene Unabhängigkeit beginnt mit der Wahl der Infrastruktur. Alles andere ist schöngefärbter Etikettenschwindel.

Übrigens: Der Vorwurf, der VDH verfolge mit seiner Position wirtschaftliche Eigeninteressen, ist an Heuchlerei kaum zu überbieten. Denn wer so argumentiert, ignoriert geflissentlich, dass es gerade die Interessenvertreter der Pools sind, die weichgespülte Statements in die Welt setzen – ohne jede belastbare rechtliche Grundlage. Wer sich hier über Einfluss beklagt, sitzt sprichwörtlich in einem gläsernen Provisionshaus und wirft mit Etikettenschwindel um sich. Ein Schelm, wer dabei an Nebelmaschinen im Vertriebskeller denkt.


Weiterführender Hinweis:

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Quellen:
Fondsprofessionell: VDH: Honorarberater dürfen nicht unter einem Maklerpool arbeiten
Fondsprofessionell: Honorarberater im 34f-Pool? Laut AfW möglich, laut BDO nicht
Fondsprofessionell: Kooperation von 34f- und 34h-Beratern: So positionieren sich die Pools

Ursprung: Pressemeldung des VDH 

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