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Wenn der Bordellbetreiber zum Lieferant für Messwein wird

Der Weg zur Etablierung einer authentischen Honorarberatung ist geprägt von zahlreichen Komplexitäten und Widerständen. Die Honorarberatung basiert auf den Grundsätzen von Transparenz, Unabhängigkeit und der ausschließlichen Orientierung am Nutzen des Kunden. Leider existieren innerhalb der Honorarberaterschaft Entwicklungen, die diese Fortschritte behindern. Eine der größten Herausforderungen ist die Kooperation einiger Honorarberater mit Maklerpools. Diese Zusammenarbeit führt zu erheblicher Intransparenz und stellt eine grundlegende Verletzung der Prinzipien dar, die der Honorarberatung zugrunde liegen sollten.

Maklerpools und ihr Einfluss

Maklerpools wurden ursprünglich entwickelt, um unabhängigen Vermittlern Zugang zu einer breiten Produktpalette und administrative Unterstützung zu bieten. Diese Unterstützung, die auf den ersten Blick vorteilhaft erscheint, hat jedoch ihren Preis. Die Struktur der Pools ist tief in provisionsbasierte Vergütungsmodelle eingebettet, deren Geschäftsmodell auf der Maximierung von Provisionen beruht. Honorarberater, die sich diesen Pools anschließen, tragen unbewusst zur Stärkung des provisionsbasierten Geschäftsmodells bei. Maklerpools generieren nach wie vor erhebliche Einnahmen aus dem Provisionsgeschäft, und durch die Einbringung von Honoraren in diese Strukturen unterstützen Honorarberater letztlich das traditionelle, provisionsabhängige System, das sie eigentlich überwinden wollten.

Diese Konvergenz führt zu einer Vermischung von unabhängiger, provisionsfreier Beratung mit Geschäftsmodellen, die auf Provisionsvergütung basieren. Die Honorare, die über Maklerpools kanalisiert werden, subventionieren letztlich die Provisionsverkäufe – genau die Aktivitäten, von denen sich echte Honorarberater bewusst distanzieren möchten. Diese Querfinanzierungen verschleiern die tatsächlichen Kostenstrukturen und untergraben die Transparenz, die als einer der wesentlichen Grundpfeiler der Honorarberatung gelten sollte. Dadurch wird nicht nur die Glaubwürdigkeit der Honorarberatung geschwächt, sondern es entsteht auch ein verfälschtes Bild für die Verbraucher, die Unabhängigkeit erwarten.

Nutzung bestehender Infrastrukturen und ihre Folgen

Ein weiteres gravierendes Problem ist die Nutzung von Konditionen und Infrastrukturen, die über Jahre hinweg von unabhängigen und loyalen Partnern des Verbunds Deutscher Honorarberater (VDH) aufgebaut wurden. Das FNZ Bank (Flatmodell) oder DAB Bank (Ticket-Modell) ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür: Diese Struktur wurde durch die nachhaltige Arbeit und langfristige Kooperation der VDH-Partner etabliert. Sie verkörpert die Vision einer provisionsfreien Infrastruktur, die den Prinzipien der Honorarberatung dient. Wenn Maklerpools diese Konditionen als Trittbrettfahrer nutzen, profitieren sie von einem Netzwerk, das eigens für eine transparente und provisionsfreie Honorarberatung geschaffen wurde – ohne selbst die Werte dieser unabhängigen Beratung zu vertreten und entwickelt zu haben. Solche Praktiken gefährden die Integrität und die langfristige Verfügbarkeit dieser Strukturen für die Berater, die sich bewusst für eine provisionsfreie Arbeitsweise entschieden haben. Ganz zu schweigen von der stetigen Weiterentwicklung. 

Dieser Umstand verursacht doppelten Schaden: Zum einen untergräbt er die Bemühungen derjenigen Berater, die tatsächlich eine unabhängige Honorarberatung anstreben. Ihre Integrität wird durch die Verwässerung der Grundsätze der Honorarberatung in Frage gestellt, was letztlich das Vertrauen der Verbraucher erschüttert. Zum anderen werden mühsam geschaffene Strukturen, die für eine provisionsfreie Beratung geschaffen wurden, von Marktakteuren vereinnahmt, die deren Zweck konterkarieren. Dadurch wird das eigentliche Ziel einer transparenten und provisionsfreien Finanzberatung unterlaufen. Letztlich leiden sowohl die loyalen Berater, die sich an die Grundsätze der echten Honorarberatung halten, als auch die Verbraucher, die eine wirklich unabhängige Beratung suchen und darauf vertrauen, dass die Interessen des Beraters mit ihren eigenen im Einklang stehen.

Dienstleistungen der Maklerpools: Qualität und Transparenz

Ein weiterer Punkt ist die Qualität der Dienstleistungen der Maklerpools, die keineswegs überlegen ist. Auch die angebotene Technik ist keineswegs kostenfrei. Vielmehr wird diese Technik durch Intransparenz und Opportunismus „bezahlt“, von Beratern, die ihre eigene Bequemlichkeit über echte Fortschritte für die Verbraucher stellen. Dabei sollte Transparenz das höchste Gut der Honorarberatung sein. Die von den Maklerpools bereitgestellte vordergründig günstige Technologie mag zunächst attraktiv erscheinen, doch sie ist oft mit einer versteckten Agenda versehen, die nicht im besten Interesse der Berater oder ihrer Kunden liegt. Die Anbieter solcher Plattformen verfolgen klare wirtschaftliche Eigeninteressen, die zwangsläufig zu einem Interessenkonflikt führen und das grundlegende Prinzip der Unabhängigkeit untergraben, welches die Honorarberatung definieren sollte.

Die historische Unkenntnis der dritten Generation

Viele Honorarberater der dritten Generation (etwa ab 2018) sind sich nicht bewusst, dass die Honorarberatung in den letzten 20 bis 25 Jahren gegen erhebliche Widerstände insbesondere und gerade von Maklerpools und Produktanbietern erkämpft werden musste. Diese Berater neigen dazu, sich in der Öffentlichkeit als „Pioniere“ der Honorarberatung zu präsentieren, ohne zu erkennen, dass sie lediglich auf einer bereits mühsam geschaffenen Infrastruktur aufbauen, deren Errichtung mit enormen Anstrengungen verbunden war. Diese historische Unkenntnis führt zu einer gewissen Selbstgefälligkeit, die die tatsächlichen Errungenschaften der früheren Generationen von Honorarberatern - den echten Pionieren - entwertet. Es ist wichtig, dass diese „neue Generation“ die Geschichte der Honorarberatung versteht und anerkennt, dass der aktuelle Stand der Honorarberatung nur durch die engagierte und oft erbitterte Arbeit vieler Vorkämpfer möglich wurde, die sich gegen traditionelle Strukturen und starke wirtschaftliche Interessen gestellt haben.

Die Rolle des VDH: Sensibilisierung der Öffentlichkeit und regulatorische Forderungen

Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) hat sich zum Ziel gesetzt, diese Problematik verstärkt bei Verbrauchern, Medien und Verbraucherschutzorganisationen zu platzieren, um eine breitere Sensibilität im Verbraucherbereich zu schaffen. Es ist essenziell, dass die Öffentlichkeit die Unterschiede zwischen echter Honorarberatung und der verwässerten Praxis der Maklerpools und deren angeschlossenen Berater versteht, damit Verbraucher eine bewusste und informierte Entscheidung treffen können, die ihren Interessen am besten dient. Die konsequente Aufklärung ist ein entscheidender Schritt, um die Honorarberatung als wirklich unabhängige Beratungsform zu etablieren.

Darüber hinaus wird der VDH verstärkt das Thema Regulatorik ansprechen, um auf die Problematik der Vermischung von Geschäftsmodellen und Erlaubnissen hinzuweisen. Es ist absurd, dass Maklerpools eine Erlaubnis nach § 34f GewO haben und als Finanzanlagenvermittler agieren, während Honorar-Finanzanlagenberater nach § 34h GewO innerhalb dieser Strukturen „unterhalb“ provisionsorientierter Vermittler tätig sind. Diese Absurdität bedeutet, dass ein Honorarberater unbewusst einen provisionsbasierten Finanzanlagenvermittler unterstützt und sich in einen Wertschöpfungsprozess integriert, der von Beginn an provisionsorientiert ausgelegt ist.

Das ist, metaphorisch gesprochen, so, als wäre der Bordellbetreiber der Lieferant für den Messwein – ein eklatanter Widerspruch in sich.

 

Der VDH wird deshalb eine intensivere Diskussion mit politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden anstreben, um gesetzliche Klarstellungen und eine saubere Trennung der verschiedenen Beratungsmodelle zu fordern. Nur durch rechtliche Regulierung, die die Interessen der Verbraucher konsequent schützt und die Unabhängigkeit der Honorarberater wahrt, kann sich die Honorarberatung langfristig als vertrauenswürdige Alternative zur Provisionsberatung etablieren.

Fazit: Eine klare Abgrenzung als einzige Lösung

Wenn die Honorarberatung als die einzig glaubwürdige Alternative zur Provisionsberatung etabliert werden soll, muss diese Problematik klar benannt werden. Nur durch eine konsequente Abgrenzung, absolute Transparenz und den bewussten Verzicht auf Kooperationen mit Maklerpools kann die Honorarberatung ihre fundamentalen Prinzipien verteidigen und eine glaubwürdige Alternative zum Provisionsmodell bieten. Es bedarf eines klaren Bekenntnisses seitens der Berater zur Unabhängigkeit – nicht nur in Worten, sondern auch in Taten und Partnerschaften. Die langfristige Etablierung der Honorarberatung als fest verankerte Größe im Finanzberatungsmarkt wird nur möglich sein, wenn alle Beteiligten bereit sind, sich konsequent für die ursprünglichen Werte der Honorarberatung einzusetzen und keine Kompromisse eingehen, die Transparenz und Unabhängigkeit gefährden.

Die Honorarberatung muss sich weiterentwickeln, aber dies sollte durch die Betonung ihrer Grundprinzipien geschehen, nicht durch deren Verwässerung. Verbraucher, die zunehmend nach unabhängiger und provisionsfreier Beratung suchen, müssen darauf vertrauen können, dass der Begriff „Honorarberatung“ für ein Höchstmaß an Transparenz, Integrität und Unabhängigkeit steht. Die Honorarberater der dritten Generation müssen erkennen, dass sie Teil eines größeren historischen Kampfes sind – eines Kampfes, der noch nicht gewonnen ist und durch jede Entscheidung, die sie in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Maklerpools treffen, beeinflusst wird. Nur durch ein tiefes Bewusstsein für die Geschichte, die Prinzipien und die Herausforderungen der Honorarberatung kann diese Form der Beratung als glaubwürdige und zukunftsfähige Alternative zur Provisionsberatung weiter gestärkt werden.

Lesen Sie im nächsten Beitrag, warum produktbezogene Honorarmodelle und volumenbasierte Modelle kritisch sind und oft Surrogate zu Provisionen darstellen. Dazu empfehlen wir auch unser Webinar "Honorarmodelle".

geschrieben von Dieter Rauch

Dieter Rauch ist Gründer und Geschäftsführer des VDH. Seit 34 Jahren ist er in der Finanzbranche tätig. Seit 1992 hat er sich der Honorarberatung verschrieben. Er besitzt verschiedene Qualifikationen u.a. zum Finanzwirt (bbw), Fachwirt für Finanzberatung, Masterconsultant in Finance (MFC) sowie zum Fachberater für Finanzdienstleistungen (IHK). Zusätzliche Ausbildungen (Certified Fee Based Financial Advisor) hat er an der Steinbeis Hochschule in Berlin erfolgreich abgeschlossen. Seit 2017 ist er Zertifizierter Berater für Indexprodukte (IFH). Im Zeitraum 1992 bis 2000 hat er erfolgreich einen Honorarberater-Betrieb mit über 1.000 Mandanten aufgebaut. Im Jahr 2000 gründete er den Verbund Deutscher Honorarberater in Frankfurt und baute sowohl Produkte im Versicherungswesen, als auch die erste Fondsplattform für Honorarberater auf. Rauch gilt als Pionier für Honorarberatung in Deutschland.

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