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Honorarberatung: 25 Jahre VDH und die Rückbesinnung auf Werte

Honorarberatung: 25 Jahre VDH und die Rückbesinnung auf Werte

Vor 33 Jahren habe ich mich von der Provisionswelt verabschiedet. Im Dezember feiern wir 25 Jahre VDH – und erinnern daran, dass Honorarberatung mehr ist als ETFs, Tarife und ein Paragraf.

Vom Vertrieb zur Überzeugung

Als ich vor mittlerweile 33 Jahren den Entschluss fasste, nicht länger Produkte zu verkaufen, sondern Menschen unabhängig zu beraten, war das ein Schritt ins Ungewisse. Honorarberatung? Dieser Begriff war praktisch unbekannt. Es gab keine Honorartarife, keine ETFs, keine Fondsplattformen. Dafür gab es Ausgabeaufschläge, Vertreterausweise und Verkaufstrainings – aber keine Dienstleistungsmentalität.

Maklerpools wie BCA oder Finanzplan (heute JDC) begannen gerade, freie Vermittler zu organisieren. Doch was wir wirklich brauchten, war eine Plattform für echte Beratung – unabhängig, provisionsfrei und mit einem klaren Wertekompass. Beratung, die nicht daran interessiert ist, Produkte zu platzieren, sondern daran, Menschen zu befähigen, gute finanzielle Entscheidungen zu treffen.

Diese Überzeugung war zu Beginn nicht populär. Im Gegenteil: Wer keine Provisionen annahm, wurde belächelt. Wer auf Honorarbasis arbeiten wollte, galt als weltfremd. Und doch war genau das der richtige Weg. Weil er konsequent war. Weil er ehrlich war. Und weil er dem Menschen diente – nicht dem System.

Die Geburtsstunde des VDH

1999 reifte in mir der Plan, daraus mehr zu machen als nur mein eigenes Modell. Ich dachte an einen Verbund. An Gleichgesinnte, die bereit waren, 300 D-Mark – ja, die gab’s noch – beizutragen, um gemeinsam Technik, Rechtssicherheit, Verträge und ein Berufsbild zu schaffen: den Honorarberater, der ausschließlich im Kundeninteresse handelt. Ohne Hintertüren, ohne verdeckte Vergütungen, ohne Interessenskonflikte.

Im Dezember dieses Jahres feiern wir 25 Jahre VDH. Eine Wegmarke. Eine Zeitspanne, in der viele heutige „Honorarberater“ noch gar nicht geboren waren – oder gerade die Grundschule besucht haben. Und dennoch sind viele von ihnen heute Teil einer Bewegung, die einst mit Pioniergeist begann.

Was als Vision begann, wurde Realität: Ein Berufsstand, der sich durch Unabhängigkeit, Transparenz und Fairness auszeichnet. Wir haben es geschafft, dass Verbraucher heute überhaupt wissen, was Honorarberatung ist – auch wenn diese Aufklärung noch lange nicht abgeschlossen ist. Aber das Bild hat sich verändert. Und nicht immer zum Guten.

Zeit für eine Rückbesinnung auf Werte

Es ist jetzt an der Zeit, wieder über Werte zu sprechen.
Nicht über Etiketten.
Nicht über Nettotarife.
Nicht über ETFs.
Und schon gar nicht über das Märchen vom „vermögensabhängigen Honorar“ als noble Alternative zur Bestandsprovision.

Denn was wir heute oft erleben, ist eine Verwässerung dessen, wofür Honorarberatung einmal stand. Da wird ein Provisionsmodell durch eine Servicegebühr ersetzt – die in ihrer Struktur exakt dasselbe ist. Da werden ETFs empfohlen – aber nicht aus Überzeugung, sondern weil man sich damit das Siegel „unabhängig“ anheften kann. Und da wird eine § 34h-Zulassung wie eine Trophäe zur Schau getragen, ohne dass der dahinterliegende Anspruch gelebt wird.

Es ist kein Qualitätsmerkmal, provisionsfrei zu sein und dafür dieselbe Gebühr zu verlangen wie zuvor mit Provision. Es ist keine Pionierleistung, den ganzen Tag über ETFs zu sprechen und sich eine Krone aufzusetzen, weil man „Honorar statt Provision“ verlangt. Es ist nicht unabhängig, wenn der Weg in die Beratung durch Plattformen führt, die selbst wirtschaftliche Interessen verfolgen und provisionsbasierte Geschäftsmodelle als Haupteinnahmequelle nutzen. Das passt nicht zusammen – und es passt schon gar nicht zum gesetzlichen Leitbild einer unabhängigen Honorarberatung.

Das war nicht unser Antrieb.
Das ist nicht der Ursprung der Honorarberatung.
Und das darf nicht die Zukunft sein.

Mehr als ein Geschäftsmodell

Honorarberatung ist kein Geschäftsmodell.
Sie ist ein Werteversprechen.

Ein Versprechen an den Kunden, dass seine Interessen über allem stehen.
Ein Versprechen an die Gesellschaft, dass Beratung unabhängig, transparent und frei von versteckten Anreizen erfolgt.
Ein Versprechen an sich selbst, als Berater einen anderen, besseren Weg zu gehen.

Dieses Versprechen ist kein Lippenbekenntnis. Es bedeutet, unbequeme Fragen zu stellen. Sich gegen Trends zu stellen, wenn sie den Kern der Beratung unterwandern. Und es bedeutet auch, Verantwortung zu übernehmen – für Qualität, für Ethik, für Transparenz.

Der VDH steht auch nach 25 Jahren genau dafür. Und ich stehe als Geschäftsführer persönlich dafür ein. Wir wollen keine Jubelarien feiern, sondern unsere Rolle neu definieren: als Hüter eines klaren Berufsbildes. Als Schutzraum für echte Honorarberatung. Und als Plattform für diejenigen, die diesen Weg mit Überzeugung gehen wollen – nicht aus Kalkül, sondern aus Haltung.

Ein Blick nach vorn

Die kommenden Jahre brauchen mehr Haltung, mehr Klarheit – und weniger Selbstbeweihräucherung. Wir müssen den Unterschied zwischen echter Beratung und schöner Verpackung wieder sichtbar machen. Wir müssen den Mut haben, Missstände zu benennen – auch innerhalb der eigenen Reihen. Und wir müssen die Verantwortung übernehmen, Standards zu setzen, an denen sich andere messen lassen müssen.

Ich danke allen, die diesen Weg mit uns gehen – viele davon seit dem ersten Tag – mit Überzeugung, mit Rückgrat und mit dem echten Anspruch, Honorarberatung so zu leben, wie sie gedacht war. Ihr seid es, die dem Berufsbild Substanz geben. Und ihr seid es, für die sich dieser Einsatz auch in Zukunft lohnt.

Euer Dieter Rauch
Gründer und Geschäftsführer
Verbund Deutscher Honorarberater

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