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Finanzvermittler und Handyverkäufer haben vieles gemeinsam

Shocked young business woman using laptop looking at computer screen blown away in stupor sitting outside corporate office. Human face expression, emotion, feeling, perception, body language, reactionIn Deutschland starten mehr als 90% der "Beratungsgespräche" mit einer Lüge. Die klingt etwa so: "Meine Finanzberatung ist für Sie kostenlos". Man könnte fast noch ergänzen "umsonst". Dass dies nicht der Fall ist, wird von Verbraucherinnen und Verbrauchern oft erst bemerkt, wenn sie ihre Kontoauszüge oder Mitteilungen von ihren Versicherern erhalten. Doch dann ist es bereits zu spät. Eine Untersuchung offenbarte das immense Ausmaß der Schäden für die Vermögen der Haushalte aufgrund undurchsichtiger und provisionsbasierter Vermittlung von Finanzprodukten. Kostenlos sieht definitiv anders aus.

 

"Finanzvermittler und Handyverkäufer sind Meister darin, ihren Kunden etwas vorzuspielen, das eigentlich nicht kostenlos ist, aber den Anschein erwecken soll"

 

Jeder von uns kennt die allseits bekannte Werbung: Das neueste iPhone für nur 1,00 Euro! Doch was steckt wirklich dahinter? Das vermeintliche Schnäppchen wird mit einem Mobilfunkvertrag gekoppelt, der sich wie ein Kredit anfühlt. Über die übliche Vertragslaufzeit von 24 Monaten wird dieser "Kredit" dann abbezahlt. Der monatliche Preis beinhaltet nicht nur die eigentliche Gebühr für die Leistung, sprich Telefonieren und Datenvolumen, sondern auch die Ratenzahlung für das begehrte Smartphone. Aber Moment mal, hieß es nicht gerade, das iPhone kostet nur 1,00 Euro und Finanzberatung sei kostenlos?

Diese Art von Werbung ist leider ein gutes Beispiel für die Täuschung der Verbraucher. Viele Menschen werden von solch verlockenden Angeboten geblendet und übersehen die versteckten Kosten. Der Mobilfunkvertrag wird oft zu einem finanziellen Belastungspaket, das über die eigentliche Nutzung des Handys hinausgeht. Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass der vermeintlich günstige Preis des iPhones nur der Anfang ist und dass der eigentliche Preis in den monatlichen Ratenzahlungen verborgen liegt.

Finanzproduktverkäufer erzählen ähnliche Geschichten wie Handyverkäufer. Sie bieten eine scheinbar kostenlose Dienstleistung an, doch letztendlich bezahlt man sie durch Verluste bei Rendite und Erträgen sowie durch deutlich geringere Auszahlungen. Der Vergleich mit einem Kredit ist daher naheliegend, sowohl für Vermittler als auch Verbraucher. Es ist wichtig, sich von solchen vermeintlich kostenlosen Angeboten nicht täuschen zu lassen und immer genau hinzuschauen, welche Kosten tatsächlich entstehen. 

Was uns die Wissenschaft und Studien verraten

Provisionsverbot: Ein Schlüssel zur Vermögensbildung

Die Qualität der Finanzberatung hat einen direkten Einfluss auf die Vermögensbildung von Haushalten. Eine aktuelle Studie der Universität Regensburg hat die Auswirkungen von Provisionsverboten auf die Vermögensbildung untersucht und dabei bemerkenswerte Ergebnisse erzielt1.

Die Auswirkungen von Provisionsverboten
Die Studie zeigt, dass Länder mit Provisionsverboten eine jährliche Vermögenssteigerung von 1,7 bis 2 Prozent gegenüber Ländern ohne solche Verbote verzeichnen. Das bedeutet, dass ein Haushalt in einem Land mit Provisionsverbot über einen Zeitraum von 40 Jahren (typische Zeitspanne für die Altersvorsorge) ein Vermögen aufbaut, das doppelt so hoch ist wie das eines Haushalts in einem Land ohne Provisionsverbot.

Diese Ergebnisse sind in Einklang mit Studien aus anderen Ländern. Eine Studie aus dem Vereinigten Königreich zeigte, dass das dort eingeführte Provisionsverbot zu einer Verbesserung der Beratungsqualität und einer Reduzierung der Kosten geführt hat2. Eine weitere Studie aus den USA fand heraus, dass Arbeitnehmer, die von einem unabhängigen Berater beraten wurden, im Durchschnitt eine um 1,5 Prozentpunkte höhere jährliche Rendite erzielten als Arbeitnehmer, die von einem Berater mit Interessenkonflikten beraten wurden3.

Die Kosten des Nichtstuns
Die Studie der Universität Regensburg schätzt, dass Länder in der Europäischen Union, die kein Provisionsverbot eingeführt haben, im letzten Jahr rund 375 Milliarden Euro an Haushaltsvermögen verloren haben. Dies unterstreicht die enormen Kosten, die mit dem Nichtstun verbunden sind.

Die Rolle der Honorarberatung
Die Studie betont auch die Rolle der Honorarberatung. Honorarberater, die nicht auf Provisionen angewiesen sind, können ihren Kunden unvoreingenommene und qualitativ hochwertige Beratung bieten. Dies ist besonders wichtig in einer Branche, in der Interessenkonflikte weit verbreitet sind und die Qualität der Beratung direkt die finanzielle Zukunft der Kunden beeinflusst.

Fazit
Für Verbraucher ist es wichtig, bei der Auswahl eines Finanzberaters sorgfältig vorzugehen. Die Wahl eines Honorarberaters kann dabei helfen, Interessenkonflikte zu vermeiden und eine qualitativ hochwertige Beratung zu erhalten, die auf Ihren individuellen Bedürfnissen und Zielen basiert.

Für Finanzberater bietet die Umstellung auf das Geschäftsmodell der Honorarberatung die Möglichkeit, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und langfristige, nachhaltige Beziehungen aufzubauen. Es ist an der Zeit, dass wir die Vorteile von Provisionsverboten und Honorarberatung erkennen und Maßnahmen ergreifen, um die Vermögensbildung für alle zu fördern.


Quellen: 
1Sebastian, S., Noth, L., & Grafe, A. (2023). The Effect of Commission Bans on Household Wealth: Evidence from OECD Countries. University of Regensburg.
2Blake, D., & Sarno, L. (2014). The Impact of the Retail Distribution Review on Individual Investors in the UK. 
3Reuter, J., & Mullainathan, S. (2015). The Effects of Conflicted Investment Advice on Retirement Savings.

geschrieben von VDH Redaktion

Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) ist Pionier für die unabhängige und provisionsfreie Finanzberatung in Deutschland. Er hat die Honorarberatung in den letzten 22 Jahren maßgeblich etabliert.

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