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Unter Honorarberatung versteht jeder etwas anderes...

FTD-copyright VDHGenau genommen ist  der Begriff "Honorarberatung" falsch. Denn "Honorarberater/-innen" beraten nicht zu Honoraren, sie beraten für ein Honorar zu Finanzfragen. Vielleicht hat gerade deswegen der Gesetzgeber eine andere Berufsbezeichnung gewählt. Die gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung lautet "Honorar-Finanzanlagenberater/-in oder Honorar-Anlageberater/-in sowie Versicherungsberater". Honorarberater/-in darf sich in Deutschland jeder nennen. 

Es gibt aber Unterschiede: Wer sich Honorar-Anlageberater/-in nennt, braucht eine Genehmigung der BaFin (WpHG §94 ). Fügt man zwischen dem Honorar und dem Anlageberater/-in nur das Wort "-Finanz" ein, reicht eine Registrierung bei der zuständigen Behörde (IHK) nach § 34h GewO . Die Beratung zu Produkten wie z.B. Aktien, Zertifikate, Anleihen oder Genussscheine sind dann aber ausgeschlossen. Für Verbraucher/-innen ist das nicht zu durchschauen. Sachlich nachvollziehbar ist es gar nicht.

Ähnlich verhält es sich im Bereich der Versicherungsvermittlung und -beratung.

Versicherungsberater/-in oder Versicherungsmakler/-in?

Versicherungsberater/-innen werden ausschließlich mit einem Honorar vergütet und dürfen Provisionen (Provisionsannahmeverbot §34 d Abs. 2 GewO ) nicht einmal annehmen. Im Umkehrschluß ist eine Weiterleitung von Provisionen damit auch nicht möglich. Dazu später noch mehr. 

Im Gesetz steht: Wenn der Versicherungsberater dem Versicherungsnehmer eine Versicherung vermittelt, deren Vertragsbestandteil auch Zuwendungen zugunsten desjenigen enthält, der die Versicherung vermittelt, hat er unverzüglich die Auskehrung der Zuwendungen durch das Versicherungsunternehmen an den Versicherungsnehmer nach § 48c Absatz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zu veranlassen.

Versicherungsmakler/-innen erhalten Courtagen und dürfe diese umgekehrt an Verbraucher nicht abgeben (Provisionsabgabeverbot ). Einem Versicherungsvermittler ist es untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. § 48b des Versicherungsaufsichtsgesetzes ist entsprechend anzuwenden. Dazwischen gibt es auch noch etwas anderes. Versicherungsvertreter und Mehrfachagenten (HGB §84 ) zählen zum Lager der Versicherungsgesellschaften und gelten nicht als "unabhängig".

Der Begriff Unabhängigkeit ist umstritten

Die Vewendung des Attributs "unabhängig" ist für Makler/-innen umstritten. Sie werden vom Produktgeber für den Verkauf von Versicherungen vergütet und stehen per Definition im Lager der Kunden (HGB §93 ). Kurios! Böse Zungen formulieren es so: "Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing". Bereits im Jahr 2000 haben wir einen heute von vielen Kollegen zitierten Vergleich geprägt. Die Frage: Würden Sie einem Steuerberater vertrauen, der vom Finanzamt bezahlt wird? Wohl eher kaum.

Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat sich im Bereich der Anlageberatung mit  diesem Thema beschäftigt. Die Antwort der Finanzaufsicht auf eine Anfrage des Branchenmagazin FONDS professionell ONLINE fällt eindeutig aus: "Wertpapierdienstleistungsunternehmen dürfen sich – außerhalb des Anwendungsbereichs des Paragrafen 94 WpHG – nicht als 'unabhängig' bezeichnen beziehungsweise 'unabhängige' Beratung anbieten, wenn dieser Umstand tatsächlich nicht zutrifft", so eine Bafin-Sprecherin.

Bezeichne sich ein Institut dennoch als "unabhängig", verstoße es damit gegen die Wohlverhaltenspflichten (§ 63 Abs. 6 Satz 1 WpHG ). Dort heißt es: "Alle Informationen, die Wertpapierdienstleistungsunternehmen Kunden zugänglich machen, einschließlich Marketingmitteilungen, müssen redlich und eindeutig sein und dürfen nicht irreführend sein." Verstöße kämen vereinzelt, aber nicht häufig oder systematisch vor, berichtet die Bafin. "Wir gehen diesen nach", betont die Sprecherin.

Versicherungsberater ist eine geschützte Bezeichnung

Zurück auf die Bezeichnungen "Versicherungsmakler" und "Versicherungsberater". Die Berufsbezeichnung Versicherungsberater ist geschützt und steht nur der honorarberatenden Welt nach §34 d Abs.2 GewO zur Verfügung. Kein Versicherungsvermittler, zu denen auch der Makler zählt, darf sich Versicherungsberater nennen oder "Versicherungsberatung" werblich benutzen. Das scheinen allerdings noch nicht alle Versicherungsvermittler verinnerlicht zu haben. 

Das Versicherungsvertragsgesetz definiert die Unterschiede ganz simpel. Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter sind Vermittler. Versicherungsberater sind, wie es der Name schon suggeriert Berater (VVG §59 ) Wer sich dennoch Versicherungsberater nennt, läuft Gefahr dafür eine kostspielige Abmahnung einzufangen

Sorgen schon alleine die gesetzlichen Bestimmungen für Verwirrung, wird diese noch größer, wirft man einen Blick auf den Wildwuchs im "Honorar-Markt" und die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle. Mangels Schutz der Begriffe Honorarberater und Honorarberatung finden sich unter dem Label der Honorarberatung auch zweifelhafte, zumindest aber kritisch zu sehende  Vertriebsmodelle - erlaubt ist vieles. Die gesetzliche Definition lässt (leider) sehr viel Interpretationsspielraum zu. Das ist  Verbraucherschützern, aber auch dem Verbund Deutscher Honorarberater seit langem ein Dorn im Auge. 

Bezeichnungspflicht statt Bezeichnungsschutz

Kritiker der geschützten Berufsbezeichnungen pochen auf den Schutz der Begriffe Honorarberater oder Honorarberatung. Vieles spricht dafür. Aus Sicht des Verbund Deutscher Honorarberater ändert das jedoch nichts am eigentlichen Problem. Daher fordert VDH seit vielen Jahren eine Bezeichnungspflicht für Vermittler und Berater.

Vermittler verstecken sich heute hinter Phantasiebegriffen wie beispielsweise der Versicherungsoptimierer, Vermögensberater oder Finanzoptimierer. Das geht mit einer Bezeichnungspflicht nicht. Die korrekte Berufsbezeichnung lautet Versicherungsmakler, Versicherungsvertreter oder Finanzanlagenvermittler. Die Verwirrung bei Verbraucher/-innen würde ein Stück weit kleiner werden. 

Verbot von Doppelzulassungen

Nahtlos an die Bezeichnungspflicht und dem Bezeichnungsschutz schließt sich ein Verbot von Doppelzulassungen aus Versicherungsberater/-in und Finanzanlagenberater/-in oder Honorar-(Finanz)-Anlageberater/-in in Kombination mit dem Maklerstatus an. Bereits heute existieren eine steigende Zahl an "legalen" Geschäftsmodellen im Markt, welche diese gesetzlich zulässigen Registrierungsmöglichkeiten geschickt ausnutzen. Das sind Unternehmen, welche ihre Umsätze provisionsorientiert erzielen und zusätzlich als Versicherungs- oder Honorar-Finanzanlagenberater firmieren.

Diese "Honorarvermittler" (auch so ein Kunstbegriff, wird hier ein Honorar vermittelt?) vereinnahmen teils absurd hohe Honorare z.B. durch die legale Vermittlung  von fondsgebundenen Lebensversicherungen, meist untermauert mit pseudo-wissenschaftlichen, mathematischen Gutachten als Nettotarif.  Oftmals werden mehr als doppelt so hohe Provisionen (=Vermittlungshonorare) erwirtschaftet, wie das mit der herkömmlichen Maklertätigkeit möglich wäre. Eine einheitliche Registrierung verbunden mit einem bereits 2016 von VDH in die Diskussion eingeführten "Honorar-Annahmeverbot" für Vemittler würde diesem Treiben ein Ende setzen

Deal-Breaker für den Schutz von Verbraucher/-innen

Während in der Anlage- und Investmentberatung unabhängig von der Registrierung Provisionen entweder direkt durch die jeweilige Depotbank oder durch Berater/-innen erfolgen können und dürfen, hat sich bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben aus Brüssel für die Versicherungsberatung die Provisionsindustrie ein Meisterstück ihrer Lobbyarbeit ins Gesetz diktieren lassen.

Die Rede ist von §34 d Abs. 2 GewO im Zusammenspiel mit §48c VAG. Die Kombination aus beiden Vorschriften verhindert die breite Etablierung der Versicherungsberatung auf Honorarbasis und führt zu erheblichen Problemen in der Praxis. Empfehlen und vermitteln Berater/-innen eine Lösung, welche nur als Provisionstarif erhältlich ist, muß die Gesellschaft im Vorfeld über die Tätigkeit des/der Versicherungsberater/-in informiert werden. Denn bei Annahme des Antrages muss das Unternehmen die Provision innerhalb von fünf Jahren zu mindestens 80% dem Prämienkonto des Versicherungsnehmers gutschreiben. In der Praxis führt diese Verordnung dazu, dass kaum ein Versicherer bereit ist mit Versicherungsberatern zusammen zu arbeiten. Kurioserweise hat das sogar dazu geführt, dass manche Gesellschaft selbst Honorartarife nicht mehr über Versicherungsberater/-innen anbietet. Was hat sich der Gesetzgeber dabei eigentlich gedacht?

Ein weiterer Hinderungsgrund für wechselwillige Makler ist die gängige Praxis beim Statuswechsel von 34 d Abs. 1 zu 34 d Abs 2. Wechselt ein Vermittler seine Registrierung, werden zunächst die Gesellschaften über die fehlende Zulassung als 34d Abs. 1 informiert, nicht jedoch über den Wechsel des Status zu 34 d Abs. 2. Die Folge ist die Kündigung der Courtagevereinbarung. Obwohl geregelt ist, dass Vermittler für Altbestände weiter vergütet werden dürfen (müssen), ist die Realität eine andere. 

Geradezu heuchlerisch sind die Hinweise der Versicherungsindustrie, dass es doch so wenig Versicherungsberater/-innen gibt. 

Wildwuchs mangels fehlender Gebührenordnung - Problem „Honorarvermittlung“

Finanzanlagenvermittler und Versicherungsmakler bzw. Versicherungsvertreter werden für den Verkauf von Finanz- und Versicherungsprodukten vergütet. Wie mehrfach erwähnt gibt es unter diesen immer mehr sogenannte Honorarvermittler. Die Bemessungsgrundlage bildet das Anlage-Volumen oder die insgesamt zu bezahlenden Prämien für Versicherungen. Der Anreiz hohe Volumen bzw. Beitragssummen (gegen Vermittlungshonorar) zu vermitteln ist hoch.

Ist ein Honorar, welches vom Anlagevolumen oder der Beitragssumme bzw. des betreuten Vermögens abhängig ist nur alter Wein in neuen Schläuchen? Klares JA!  Der Pseudo-Honorarberater wird der Gatekeeper für Produktgeber. Unabhängige Beratung sieht anders aus. 

Leider gibt es keine verbindlichen Regeln wie es in allen honorarbasierten Berufen (Steuerberater, Architekten, Notare, Ärzte, Rechtsanwälte) der Standard ist. Eine Gebührenordnung für Honorar-(Finanz-)Anlageberater (GOfHB) und für Versicherungsberater (GOfVB) angelehnt an die Gebührenordnung für Steuerberater   ist überfällig.

Was bedeutet echte Honorarberatung eigentlich wirklich? Und was nicht!

Eine sehr einfache Definition ist:

"Honorarberatung bedeutet Verbraucher in die Lage zu versetzen eine eigenständige Entscheidung zu treffen"

 

Die Bezahlung erfolgt für die eingesetzte Zeit (Aufwand) und das Know-how (Wissen). Offene und versteckte Provisionen z.B. jegliche Einbehalte Dritter werden abgelehnt. Auf Wunsch der Verbraucher wird eine nachhaltige und laufende Betreuung im ausschließlichen Interesse der Mandanten sichergestellt (Leitlininien der Honorarberatung ). 

Ganz sicher ist Honorarberatung nicht die Vermittlung  von Produkten auf Honorarbasis. Das ist nur ein Surrogat zur alten Provisionswelt, in der Produktabsatz und Volumen eine dominante Rolle spielen.

Mir graut es bei der Vorstellung, dass Geschäftemacher und sogenannte Honorar-Dienstleister, ja sogar Strukkis (Network-Marketing) sich als Honorarberater gerieren, um mit diesem Label tausende Verbraucher mit Nettopolicen und Versicherungsprodukten zu überschwemmen.

Gute Nacht, liebe Honorarberatung.

geschrieben von Dieter Rauch

Dieter Rauch ist Gründer und Geschäftsführer des VDH. Seit 34 Jahren ist er in der Finanzbranche tätig. Seit 1992 hat er sich der Honorarberatung verschrieben. Er besitzt verschiedene Qualifikationen u.a. zum Finanzwirt (bbw), Fachwirt für Finanzberatung, Masterconsultant in Finance (MFC) sowie zum Fachberater für Finanzdienstleistungen (IHK). Zusätzliche Ausbildungen (Certified Fee Based Financial Advisor) hat er an der Steinbeis Hochschule in Berlin erfolgreich abgeschlossen. Seit 2017 ist er Zertifizierter Berater für Indexprodukte (IFH). Im Zeitraum 1992 bis 2000 hat er erfolgreich einen Honorarberater-Betrieb mit über 1.000 Mandanten aufgebaut. Im Jahr 2000 gründete er den Verbund Deutscher Honorarberater in Frankfurt und baute sowohl Produkte im Versicherungswesen, als auch die erste Fondsplattform für Honorarberater auf. Rauch gilt als Pionier für Honorarberatung in Deutschland.

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