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Wie Berater in Krisenzeiten ein Gefühl von Kontrolle geben können

Die Corona-Pandemie macht Kunden nervös. Berater müssen eine passende Strategie haben, um gemeinsam mit ihren Kunden die Ausnahmesituation zu lösen. Ein Kommentar von Dr. Amanda Levis vom Advanced Experimentation Team des Center for Analytics & Innovation (CAI).

Der menschliche Geist ist sehr mächtig und versteht sich auf die Kunst der Selbsttäuschung. So vermittelt er uns auch in unberechenbaren Situationen ein Gefühl der Kontrolle und Zuversicht1. Wird dieses Gefühl bedroht, etwa durch Gefahren für Gesundheit und Portfolio wie Covid-19, haben wir zwei Möglichkeiten: Wir können uns dem Gefühl der Hoffnungslosigkeit hingeben, oder wir können etwas tun2.

Wer in einer Gefahrensituation reagiert, stärkt das Vertrauen in die eigene Handlungsfähigkeit und kann sogar ein Gefühl der Kontrolle herbeiführen3. Einfach ausgedrückt: Wir fühlen uns einer neuen, ungewissen Realität weniger ausgeliefert, wenn wir etwas – irgendetwas – tun. Droht Gefahr für die Gesundheit, wie aktuell durch die Covid-19-Pandemie, reagieren viele Menschen durch gesündere Ernährung und mehr Sport. Für Anlageportfolios gilt dasselbe Prinzip, nur dass Veränderungen in turbulenten Marktphasen Unheil anrichten können, denn sie können eine Anlagestrategie aus dem Gleichgewicht bringen und langfristige Ziele gefährden.

Bei fallenden Kursen werden Berater mit einer schwierigen Situation konfrontiert: Kunden wollen plötzlich die Kontrolle über ihre Asset Allokation ergreifen. Und weil sie dem Gefühl der eigenen Hilflosigkeit etwas entgegensetzen wollen, treffen sie häufig schlechte Entscheidungen. Für langfristige Ziele sind reflexartige Reaktionen selten förderlich. Doch das Gefühl, etwas zu tun, kann tatsächlich helfen. Und der Wunsch nach Kontrolle lässt sich bereits durch weniger folgenreiche Entscheidungen befriedigen.

Berater können ihren Kunden Zuversicht vermitteln und gleichzeitig ihr Portfolio schützen, indem sie sie zu proaktivem Handeln ermuntern und so dem natürlichen Wunsch nach Aktion Raum geben. Nachfolgend führen wir einige Ratschläge auf, mit denen Berater ein Gleichgewicht zwischen kurzfristigen emotionalen Impulsen und langfristigen Anlagezielen schaffen können.

 

Passive Empfehlungen aktiv kommunizieren

Der gewünschte Effekt lässt sich manchmal schon durch eine andere Sprache erzielen. So können Berater zum Beispiel „nichts tun“ und „Kurs halten“ auch anders darstellen und ihren Kunden empfehlen, „gegen den Drang grundloser Aktivität anzukämpfen“ oder „sich gegen die Panikwelle zu stemmen“.

Sie können ihren Kunden auch nahelegen, ihre Entscheidung (Kampf gegen impulsiven Handlungsdrang) anderen Anlegern mitzuteilen. Die schriftliche Bestätigung einer Strategie kann die Disziplin erhöhen, außerdem stärken Anleger das Gefühl von Kontrolle, wenn sie Ratschläge an andere weitergeben können4.

Konkrete Maßnahmen vorschlagen

Besonders nervöse Kunden sind vielleicht empfänglicher für konkrete Ratschläge, die sie direkt umsetzen können. Das kann zum Beispiel die Aktualisierung der Kontoinformationen sein oder eine genaue Dokumentierung der Auswirkungen der Krise auf die eigene finanzielle Situation. Derartige Aufgaben können Kunden das Gefühl vermitteln, dass sie aktiv etwas tun.

Durch positives Feedback können Berater dieses Gefühl von Handlungsfähigkeit und Kompetenz zusätzlich stärken, indem sie zum Beispiel die Maßnahmen erneut begründen und ihre Vorteile hervorheben5.

Bewusste Entscheidungen herbeiführen

Heben Sie die Aspekte der Planänderung hervor, die Sie mit Ihrem Kunden gezielt herbeigeführt haben. Ist der Anlagehorizont Ihres Kunden flexibel, können Sie zum Beispiel eine Verlängerung als bewusste Entscheidung darstellen, mit der Anleger ihr Portfolio wieder auf Kurs bringen.

Sollte ein Kunde trotz allem auf Veränderungen in der Asset Allokation drängen, müssen Berater die psychologischen Faktoren hinter diesem Wunsch erkennen und respektieren. Anstatt einen Kunden von dieser Idee abzubringen, können Sie in diesem Fall eine kleinere Veränderung in der Asset Allokation vorschlagen, die nahezu folgenlos bleibt.

Kompetenz vermitteln

Fürchten Menschen einen Kontrollverlust, fällt es ihnen leichter, Vertrauen in eine bestimmte Führungsperson, eine Gruppe oder eine Institution aufzubauen, die sie als einflussreich und kompetent ansehen6. Sie können das Kontrollgefühl Ihres Kunden stärken, indem Sie die Expertise Ihres Unternehmens hervorheben.

Wie Berater ihre Kunden von ihrer Kompetenz überzeugen können, werden wir in einem anderen Artikel in dieser Serie genauer beleuchten.

 

1. Langer, 1975

2. Rothbaum et al. 1982; Skinner, 1996

3. Landau et al., 2015; Gal & Lazarus, 1975

4. Peluso et al., 2017

5. Bandura, 1977; Connell & Wellborn 1991

6. Kay et al., 2008

 

geschrieben von VDH Redaktion

Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) ist Pionier für die unabhängige und provisionsfreie Finanzberatung in Deutschland. Er hat die Honorarberatung in den letzten 22 Jahren maßgeblich etabliert.

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