13 Minuten Lesedauer

Börsenexperten und Crashpropheten sind ihr Geld nicht wert❗️

Du kennst sie vielleicht aus dem Handelsblatt, Focus Online, n-tv oder hast schon mal ein Buch von ihnen gelesen.

Die Tricks der Finanzexperten

Vermeintliche Börsenexperten gibt es wie Sand am Meer. Von den Medien gerne genutzt, um Reichweite zu erzeugen, werfen sie polarisierende Thesen und Zukunftsvisionen in den Raum. Zum Teil sind diese gut durchdacht, aber genauso oft laufen sie komplett an der Realität vorbei. Doch warum funktioniert das so gut? Weil sie es schaffen – so wie viele in der Finanzindustrie – in dir Emotionen zu wecken. Angst und Gier sind oft treibende Faktoren bei Anlegern. 

Natürlich bieten die Experten auch immer gleich eigene Produkte an, um beides zu stillen. Leider setzen diese Produkte – zum Beispiel Fonds – die steilen Thesen oft nur unzureichend um. So berichtet Börsenexperte Dirk Müller häufig genug von möglichen Crashszenarien, fährt in seinem Fonds aber seit Beginn eine Aktienquote von durchschnittlich 90%. Außendarstellung und Realität unterscheiden sich hier immens. Bevor wir jetzt auf zwei konkrete Fallbeispiele eingehen, möchten wir euch in Auszügen einmal den Warnkatalog gegen Psychotricks der „Anleger-Gurus“ von Prof. Hanno Beck der Hochschule Pforzheim vorstellen: 

Trick 1: Der “mexikanische Scharfschütze”

Eigenwillige Prognosemethoden zeichnen den wahren “Guru” aus. Zunächst gibt er viele Schüsse auf eine Wand ab – erst danach malt er eine Zielscheibe drumherum. Auf die Börse übertragen bedeutet das, dass man möglichst viele und möglichst widersprüchliche Prognosen abgibt und dann nach einiger Wartezeit diejenigen, die sich erfüllt haben, lautstark ins Schaufenster stellt. “Die fehlgeschlagenen Prognosen kehrt man unter den Teppich”, erklärt Professor Beck. Wichtig für die selbsternannten Experten ist es hierbei,  bloß nicht zu bescheiden zu sein. Am besten ist es, seine vermeintlich hohe Treffergenauigkeit lautstark in die Welt hinaus zu posaunen. Denn ohne eine gewisse mediale Präsenz funktioniert der nächste Trick nicht.

Trick 2: Der “Halo-Effekt”

Eine Erklärung für die Aufmerksamkeit der Massen, die den Gurus zuteil wird, entstammt der Psychologie. Die menschliche Neigung, von wenigen bekannten Eigenschaften und Talenten eines Individuums auf dessen Charakter zu schließen, nennt man wissenschaftlich “Halo-Effekt”. Übertragen auf die Investmentwelt heißt das: Hat ein Kommentator einmal ein wichtiges Ereignis korrekt vorhergesagt, mutmaßt das Publikum, er könne diesen Erfolg jederzeit wiederholen. Auf einem solchen “One Trick Pony”-Effekt beruhte beispielsweise auch die enorme Reputation der Goldman-Sachs-Marktstrategin Abby Cohen. Dass ein großartiger Prognoseerfolg eventuell zufällig zustande gekommen ist, ist für die Öffentlichkeitswirksamkeit oft egal. Wer einmal Erfolg hatte, wird – erst recht unter kräftigem Zutun der Medien – zum Genie verklärt. Für achtsame Anleger bedeutet das: Zweifeln. Die “Empfehlungshistorie” respektive die Treffergenauigkeit eines vermeintlichen “Experten” ist stets kritisch zu überprüfen.

Trick 3: Der “kaputte Uhr”

Man muss die eigene Prognose nur lange genug wiederholen – beispielsweise, dass der amerikanische Leitindex Dow Jones auf 30.000 Punkte steigt oder auf 3.000 Punkte abstürzt. Irgendwann wird man schon recht behalten und kann sich dann dafür feiern lassen. Auch eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig

Fallbeispiele

In den Fallbeispielen geht es nicht um die Menschen dahinter, sondern um ihre Produkte. Die Herausgeber, ohne dass wir sie privat kennen, sind meist clevere Personen, die einiges im Leben richtig gemacht haben. Aber fachlich und praktisch gesehen können einfach einige Aussagen nicht so stehengelassen werden oder sind schlicht und ergreifend falsch.

Fallbeispiel Nr.1: Dirk Müller

Dirk Müller ist als Autor von „Cashkurs“ und anderer Finanz-Bücher sowie als vielgebuchter Redner einer der bekanntesten Börsenexperten in Deutschland. Er wurde international als „Mister DAX“ bekannt, weil sein Arbeitsplatz auf dem Parkett der Frankfurter Börse unter der DAX-Kurstafel lag und Journalisten dies nutzten, um seinen Gesichtsausdruck zusammen mit dem Kursverlauf des Index als Symbol des aktuellen Börsengeschehens darzustellen. 2015 legte Dirk Müller seinen gehypten Dirk Müller Premium Aktien Fonds auf, dessen Performance seither stark zu wünschen übriglässt. In Interviews hört sich dies aber ganz anders an. Wir wollen uns an dieser Stelle mal mit den Fakten beschäftigen und greifen dafür auf ein Interview vom 03.02.2019 zurück.

Das Interview hat Dr. Aaron Brückner in seinem gleichnamigen YouTube-Channel mit Dirk Müller geführt. Titel war “ETF sind dummes Geld”.

www.youtube.com/watch

0:43 – 0:46 (die folgenden Videoaussschnitte starten immer an der passenden Stelle)

Auf die Frage eines Users, wie man mit seinem Fonds bei 2% Kosten Geld verdienen solle, entgegnet Müller:

 

„Also erstens haben wir keine TER von 2, sondern nur eine TER von 1,6.“

Das stimmt. Die Summe aller Kosten beträgt bei Dirk Müllers Fonds laut Morningstar 1,61%. 

Daraufhin begründet Müller seine Kosten im Gegensatz zu einem ETF wie folgt:

0:56 – 1:16

 

„Eins vorweg, ganz klar. Wenn ich mein Auto selbst repariere ­­– mein Auto ist kaputt und ich hol’ mir die Ersatzteile und setze mich am Samstag am Straßenrand hin und schraube mir das Ding selber zusammen –, dann ist das kostengünstig. Wenn ich in die Werkstatt fahre und lasse das jemanden für mich machen, ist das teurer. Im Zweifel ist es aber besser gemacht.“

 

Das Auto vom Profi reparieren zu lassen kostet mehr, aber es bringt auch mehr. Das soll heißen ein Fonds von ihm als Profi bringt auch mehr Rendite als ein ETF. Ob dies auch der Realität entspricht, wird sich im Folgenden zeigen. Er führt weiter aus:

1:58 – 2:02; 2:05 – 2:08

 

„Das Problem ist: ETF sind dummes Geld, (…) das völlig unüberlegt in den Gesamtmarkt investiert.“

Das ist natürlich eine verallgemeinernde und stark vereinfachende These. Aber zumindest sollte sich ja dann zeigen, dass sein Fonds bessere Ergebnisse erzielt.

2:24 – 2:49

 

„Wenn ich jetzt einen ETF auf den DAX kaufe – das heißt, ich mache eine Wette auf den Dachs, ob der steigt oder fällt, bin also in alle 30 Werte des DAX investiert… Sind die 30 Unternehmen, die im DAX sind, tatsächlich die 30 besten Unternehmen der Welt? Da habe ich die Deutsch Bank drin, da habe ich Thyssen Krupp drin, da habe ich die Lufthansa drin. Also verdammt, ich finde bestimmt bessere Aktien auf der Welt als Lufthansa, Deutsche Bank und ThyssenKrupp.“

Genau dies ist üblicherweise der Grund für Diversifikation. Man kauft für gewöhnlich nicht nur einen DAX-ETF. Schließlich befinden sich in Müllers Fonds auch nicht nur deutsche Unternehmen.

3:11 – 3:23

 

„Ich kann doch viel besser abschneiden als der Markt, wenn ich bessere Unternehmen habe. Und tatsächlich – wir sind besser als der Markt (…). Ein ETF hat dieses Jahr ­– ein ETF auf unseren Index ­– etwa sechseinhalb Prozent verloren.“

Leider ist der ETF auf den Index , also die Benchmark, nirgendwo zu finden, wenn man bei seinem Fonds sucht.

3:23 – 3:33

 

„Unser Fonds hat in diesem Jahr (2018) 9,7% gewonnen.“

Das stimmt. Doch was Müller leider nicht sagt, ist, dass sein Fonds die Jahre davor zum Teil deutlich mehr Verlust als die Benchmark gemacht hat. Und wenn man sich dieses Jahr anschaut, gibt es deutlich weniger Gewinne.

➡️https://bit.ly/2GMhTyw

 

3:46 – 4:01

 

„Dazu kommt, dass ein gemanagter Fonds über uns Absicherungen machen kann. Wir tun das. Das bedeutet: In der Phase in der wir jetzt sind, sichern wir das Depot ab. Bedeutet: Der Markt raucht nach unten weg, wir verlieren nichts – so gut wie nichts. Im Gegenteil, teilweise steigen wir sogar gegen den Markt.“

 

 

 

Wenn man sich die Performance im Jahr 2016 anschaut, in dem der Brexit und die Trump-Wahl großen Einfluss hatten, sieht man, dass der Fonds verloren und der Markt gewonnen hat. In Bezug auf 2018 hätte er mit seiner Aussage recht. Aber 2019 fehlt eine gute Performance wieder (siehe Abbildung 2).

4:01 – 4:15

 

„Ein ETF, dummes Geld, macht genau das, was der Markt macht – eins zu eins. Wenn der Markt sich halbiert – so wie 2008 ­, oder 75% – wie im Jahr 2000 (…), dann ist er [gemeint ist der Fragesteller] mit seinem ETF 50 oder 75% seines Geldes los.“

 

 

 

Müllers Fonds gab es zu der Zeit noch nicht. Niemand kann wissen, was mit diesem geschehen wäre. Übrigens: Tatsächlich waren es nur 55% Verlust im Jahr 2008. Hier siehst du einmal die Asset Allocation seit Auflage. Dafür das Herr Müller diverse Crashs prophezeit hat und Weltuntergänge sieht, ist das doch eine beachtliche Aktienquote!

➡️https://bit.ly/2Yt4p5Q

4:38 – 4:50

 

„Und wenn ich einen Fonds nehme ­wie ganz viele Fonds – und da muss ich ihm sehr sehr recht geben…­ Sehr viele Fonds machen genau das. Sie bauen einfach nur den Index nach. Und haben zusätzlich noch die Gebühren. Da macht’s wirklich keinen Sinn. Da kann ich auch gleich einen ETF nehmen. Da hat er vollkommen recht.“

 

 

Da hat auch Dirk Müller mal ausnahmsweise recht.

5:12 -5:30

 

„Ich habe da eine Studie von Warburg dazu. Die zeigen, dass die, die sich vom Markt lösen und es eigengeneriert machen…die Abweichungen nach oben viel viel stärker und viel viel häufiger sind als die, die, tatsächlich dann schlechter sind als der Markt. Also von daher ein aktiver, selbst denkender Fonds kann sehr viel besser sein als der Gesamtmarkt (…).“

 

 

Leider gibt es zu dieser Analyse keine Quellenangabe. Warburg ist ein aktiver Vermögensverwalter. Ein neutrales Analysehaus wie Morningstar kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Es sollte offensichtlich sein, wessen Aussagen vertrauenswürdiger sind.

5:31 – 5:34

 

„Und vor allem: Er kann das Risiko begrenzen, was ein ETF nicht kann.“

 

 

Ein einzelner Aktien-ETF kann dies vielleicht nicht. Aber ein diversifiziertes Portfolio ist dazu durchaus in der Lage. Aktien-, Anleihen-, Rohstoff- und Immobilien-ETFs gepaart mit einem richtigen Risikoprofil können diesbezüglich Wunder bewirken.

5:39 – 5:54

 

„Ich bin auf die Tränen der Leute gespannt, die jetzt so in die ETFs getrieben werden von vielen Journalisten, die genau so denken und sagen: ‚Ist alles Quatsch. Kein Fonds schlägt seine Benchmark.’ Wir haben sie geschlagen. Wir haben unseren Vergleichsindex dieses Jahr geschlagen. Wir haben es auf die ganze Laufzeit, seit es uns gibt, geschlagen. (…) Auch auf Sparplanbasis – auf allen Ebenen haben wir es geschlagen. Da kann keiner sagen ‚das gibt’s nicht’.“

Doch: Das gibt’s nicht. Das ist schlicht unwahr. Hier die Fakten:

➡️ bit.ly/2YQAnIi

Zusammenfassung 

Wie du siehst, stimmen viele Aussagen einfach nicht. Es werden Fakten in den Raum geworfen, die ein Laie im ersten Moment nicht widerlegen kann. Dirk Müller kann man als Redner vielleicht gut zuhören. Er bleibt dir als Anleger aber schuldig, sein Expertenwissen in Renditesteigerung oder Risikominderung umzusetzen.

Fallbeispiel Nr.2: Friedrich & Weik Wertefonds

Marc Friedrich und Matthias Weik sind bekannte Buchautoren mit Werken wie „Der größte Crash aller Zeiten“, „Der Crash ist die Lösung“ oder „So knallt’s“. An Polarisierung kaum zu überbieten, veröffentlichen die beiden Honorarberater regelmäßig Artikel bei bekannten Onlineformaten und auf Youtube. Hierbei sind die Inhalte oft gut recherchiert und meist ist an den einzelnen Thesen für sich genommen inhaltlich auch etwas dran. Nichtsdestotrotz werden die beiden aber als „Crashpropheten“ bezeichnet, weil sie seit 2015 den nächsten großen Crash ­– wenn nicht sogar den größten Crash aller Zeiten – ­kommen sehen. Vor kurzem wiederholten sie ihre Theorie und grenzten den Zeitraum auf „spätestens 2025“ ein. An dieser Stelle sei nochmal auf „die kaputte Uhr“ hingewiesen.

Schon immer haben wir uns gefragt, wie die beiden Kollegen die suggerierte Faktenlage denn praktisch für ihre Kunden umsetzen. Bei so einem negativen Weltbild gibt es ja kaum eine andere Lösung, als an der Seitenlinie stehen zu bleiben und zu warten bis die Welt wieder in Ordnung ist –­ wann das auch immer sein mag. Nahezu zwangsläufig eröffneten Friedrich & Weik einen eigenen Fonds.

Auch hier zeigt sich das gleiche Bild wie bei Dirk Müller. Die Performance bleibt deutlich hinter der Benchmark zurück. Ihre Benchmark frei ersichtlich zu finden und darzustellen – unmöglich. Aber das ist wahrscheinlich nutzbringender für den Fonds, denn so kann keiner nachvollziehen, ob man besser war als die Benchmark oder nicht. Und ob man eine Performance-Fee für gute Leistung verdient hat. Die ausführlichen Ergebnisse des Fonds findet ihr hier:

➡️ bit.ly/31jLEyv

➡️bit.ly/2KstCn6

Fazit

Die Thesen und Theorien der vermeintlichen Börsenexperten und Crashpropheten nutzen nur ihnen selbst etwas. Sie erhalten mehrere 10.000€ an Gagen für Auftritte, in denen sie polarisierend ihre Thesen vorstellen und heimsen sich gleichzeitig die Gebühren für die eigenen Produkte ein. Du als Anleger hast aber nichts davon – bis auf eine schlechte Rendite und geringen Anlageerfolg. Wie du es besser machen kannst, haben wir dir mit den „7 Grundregeln für eine erfolgreiche Geldanlage“ und „4 hilfreichen Tipps für den langfristigen Anlageerfolg“ zusammengefasst.

 

geschrieben von VDH Redaktion

Der Verbund Deutscher Honorarberater (VDH) ist Pionier für die unabhängige und provisionsfreie Finanzberatung in Deutschland. Er hat die Honorarberatung in den letzten 22 Jahren maßgeblich etabliert.

Blog Empfehlungen

Jetzt unseren Blog abonnieren